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PISTE.DE
REISE
Mi t de r Bahn vom Ba i ka l s ee durch d i e
Wü s t e i n s Re i ch de r Mi t t e
MAGISCHER
OSTEN
Der Jugendtraum: Mit der Transsibirischen Eisenbahn durch die Weiten
der russischen Taiga schaukeln und dabei die einzigartige Bahnroman-
tik aufsaugen. Um so individuell wie möglich einzutauchen, nahmen
wir Kontakt mit der Autorin des einzigen deutschsprachigen Transsib-
Reiseführers auf. Neben wertvollen Tipps zum Reiseverlauf wurden wir
obendrein mit Unterkünften bei lokalen Bekannten und Freunden ver-
sorgt. Über Moskau flogen wir Ende April Richtung Irkutsk. Der auch
dort nahende Frühling empfing uns am frühen Morgen mit 2-stelligen
Minusgraden. Die Stadt ist architektonisch quasi zweigeteilt. Typische
russische Plattenbauten wechseln sich mit alten, mächtigen Holzblock-
häusern ab, die im Laufe der Jahrzehnte oft um etliche Zentimeter
absackten und die Fenster vielfach nur noch handbreit über dem Erd-
boden herausschauen. Galina, unsere Gastgeberin der kommenden
Tage, empfing uns vereinnahmend strahlend wie alte Freunde. Mit
einem Dauerlächeln wurden wir von nun an Zeuge der typisch russi-
schen Gastfreundlichkeit. Ein Ausflug zum Baikalsee, dem größten
Süßwasserbecken der Welt, stand auf unserem Plan. Aber mehr als ein
kurzes Fußbad war im gerade eisfreien Gewässer leider nicht möglich.
Wir beobachteten Fischer bei ihrer Arbeit. Fleißig wurden frisch gefan-
gene Omule geputzt und Netze ausgebessert. Die „Locals“ empfahlen
uns ein Restaurant, wo diese heringsähnliche Spezialität in allen Varia-
tionen auf dem Speiseplan steht. Mit knurrendem Magen mischten wir
uns unter die Einheimischen und genossen ausgiebig jeden einzelnen
Gang. Den letzten Abend in Irkutsk haben wir feuchtfröhlich ausklin-
gen lassen, bevor wir mitten in der Nacht abgeholt wurden, um
endlich in die Transsib einzusteigen. Laut dröhnend begrüßte uns die
mächtige Lok am Bahnsteig. Wir bezogen unser Quartier der nächsten
drei Tage und bestaunten die mittelalterlich anmutende Ausstattung des
Waggons. Der Schaffner zeigt uns gleich zu Beginn wer hier der Herr
im Ring ist. Es wurde Bettwäsche verteilt und heißer Tee gereicht.
Schnell zog Ruhe ein und es ging gemächlich südlich am Baikalsee
Richtung Ulan-Ude vorbei. Draußen tobte ein mächti-
ger Schneesturm.
Meterhoch stapelte sich der Schnee an der vorbeiziehenden Land-
schaft. Am frühen Nachmittag lockte uns der Hunger Richtung Zugkü-
che. Im Speisewagen, ausgestattet wie ein historisches Museum ge-
paart mit dem monotonen Rattern der Waggonachsen, ließen wir
diese friedliche Atmosphäre auf uns wirken, genossen das köstliche
Mahl und die klaren Getränke. Nach und nach umhüllte uns ein
Mantel der Gemütlichkeit und Gelassenheit. An der Grenze zur Mon-
golei fand der berühmte Spurwechsel statt. Nachdem wir dieser
Prozedur neugierig beiwohnten, wurden wir zur Grenzkontrolle mehre-
re Stunden im Waggon eingesperrt. Neben den verschlossenen Türen
und Fenstern hatten einige vor allem an den verriegelten Toiletten zu
knabbern. Nach einer weiteren Nacht mit ausgiebigem Schlaf kamen
wir bei klirrendem Frost in der kältesten Hauptstadt der Welt, in Ulan-
Bator an. Mit einem alten, aber beheizten Kleinbus ging es nun über
mehrere Stunden durch die Ausläufer des mächtigen Altaigebirges in
die zauberhafte und sagenumwobene Wüste Gobi. Nach einem
leckeren Abendmahl erklärte uns unser Gastgeber, wie man den
Kamin mittig der Jurte bedient. Mindestens stündlich muss Holz nach-
gelegt werden, sonst gehe die nötige Feuerkraft verloren, wurden wir
eindringlich gewarnt. Gemeinsam mit der Gastfamilie wurden bis spät
in die Nacht Lieder gesungen und dazu getanzt.
Nach einem wärmenden Tee und köstlichem Frühstück ging es über
Ulan-Bator nach Peking. Unser Hotel lag in der neuen Altstadt im
Zentrum der chinesischen Hauptstadt, umgeben von unzähligen Gar-
küchen, Bars und Wellnesstempeln. Frisch gestärkt steuerten wir in den
kommenden Tagen klassisch die verbotene Stadt, den Platz des himmli-
schen Friedens, diverse Tempel und Nachtmärkte an und bewahrten
uns einen Höhepunkt für den Ab-schluss unserer Reise auf. Nach stun-
denlanger Fahrt beschenkte uns der Reiseleiter mit einem herrlich unbe-
rührten Abschnitt der großen chinesischen Mauer. Es galt, einen
beschwerlichen Auf-stieg zu bewältigen, um schließlich in aller Ruhe
diesen spektakulären Ort chinesischer Zeitgeschichte in voller Gänze
genießen zu dürfen. Die letzte Nacht gehörte dem Pekinger Nachtle-
ben ...




