piste Hamburg November 2013 - page 34

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PISTE.DE
Mit fünf Jahren hat Adel
Tawil sich in die Musik
verliebt. Ein paar wilde
Jahre mit der Boyband
The Boyz und ein paar
erfolgreiche Jahre zu-
sammen mit Anette
Humpe als Ich+Ich später
bringt er nun mit „Lieder“
sein erstes eigenes Album
raus. Mit der Piste sprach
der 35-Jährige über seine
Liebe zur Musik und
Klammerblues im dunk-
len Keller.
In Deiner Single „Lieder“
zitierst Du Titel, die Dich
beeinflusst haben. Mit
welchem Song hat für
Dich alles begonnen?
Das war Michael Jackson. Ich
muss fünf Jahre alt gewesen
sein, da hat mir mein Vater das
Thriller-Video gezeigt. Das hat
mich umgehauen. Diese Mi-
schung von Angst, Faszination
und dann dieses Tanzen und
diese unfassbare Musik. Da
habe ich nur gedacht: Wow,
das will ich auch machen.
30 Jahren später nun
Dein erstes Album. Wie
stark ist der Druck, wenn
man sich nach sechs Jah-
ren mit Ich+Ich allein auf-
macht?
Wir haben ja bei Ich+Ich auch
immer Druck gehabt. Ich habe
das immer als Vorteil gesehen.
Schwierig war für mich der Ent-
stehungsprozess des Albums,
die Entscheidungen zu fällen,
die Verantwortung allein zu
tragen. Wenn man zu zweit
oder zu fünft Musik macht, gibt
es immer Songs, wo du dich
auch mal zurück ziehst, um
Kraft zu sammeln. Wenn du
alleine ein Album machst,
schauen alle auf dich: Und?
Was sagst Du, Adel? So oder
so?
Warst Du besorgt, dass
„Lieder“ zu sehr nach
Ich+Ich klingt?
Es ist ja nicht so, dass Ich+Ich
nur ein Projekt war, dass ich
gemacht habe und von dem ich
mich jetzt bewusst abgrenzen
wollte. Für mich ist es eine
klare Weiterentwicklung davon.
Ich bin ja ein Ich, und Live bin
ich ohnehin alleine mit meiner
Band aufgetreten, die Beset-
zung ändert sich ja nicht. Als
es um das Album ging, gab es
Leute, die meinten: Mach's
ganz anders als Ich+Ich. Ande-
re haben gesagt: Mach's ge-
nauso wie Ich+Ich. Ich habe
darüber gar nicht nachge-
dacht. Ich mache das, was ich
machen möchte und was mir
gefällt. Musikalisch wollte ich
natürlich schon die Dinge auch
beatlastiger machen und mehr
nach vorne.
Die meisten Songs würde
man wohl als Liebeslie-
der bezeichnen. Ist das
das Konzept?
Nein. Es sollte einfach ein per-
sönliches Album werden. Wenn
es ein Konzept gibt, dann bin
das Ich. Es stimmt schon, dass
die Liebe eine große Rolle
spielt, aber ich wollte eben
nicht so kitschige „Ich hab dich
gesehen und ab da war alles
geil“-Liebeslieder machen. Denn
so ist es ja nicht.
War dir bewusst, was Du
mit der Single „Lieder“
anrichten würdest?
(lacht) Ein bisschen schon. Ich
wusste, dass es Leute geben
wird, die sagen: Wie kann
man denn Rage Against the
Machine und Bros in einen
Song packen? Aber ich musste
ehrlich sein und ich musste da
auch durch. Das sind nun mal
die Lieder, die mich emotional
begleitet haben.
Zum Beispiel?
Zu „Purple Rain“ habe ich das
erste Mal auf einer Fete im Kel-
ler mit einem Mädel Blues
getanzt und sie im Dunkeln
ganz nah bei mir gehabt. Wir
haben ewig getanzt, weil die
Nummer ja auch so ewig lang
ist. Das war so geil, so schön,
ein inneres Feuerwerk.
Auf jeden Fall machen
sich die Leute Gedanken
darüber, um welche
Songs es geht. Im Netz
finden sich viele Interpre-
tationen.
Die sind aber nicht alle richtig!
Nein?
Ich sage an einer Stelle: Wir
waren Welten entfernt und
doch vom gleichen Stern. Für
mich war das gar kein Zitat, es
passte nur so gut und hat sich
auch noch super gereimt. Jetzt
steht da irgendwo auf einmal
Worlds Apart!
Wenn in 20 Jahren
jemand „Lieder“ hört,
welche Erinnerung könn-
te er oder sie damit ver-
binden, die Dir gefällt?
Zu wissen, dass jemand die
Liebe seines Lebens bei einem
Konzert kennengelernt hat, das
fände ich schon den Hammer.
Das ganze Interview über Ruhm,
Retorte und Restaurant-Kinder
gibt es auf
piste.de
.
facebook.com/AdelTawil
Credit: Olaf Heine
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INTERVIEW
ADEL TAWIL
NUR ICH
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