Die Möglichkeit der DJs hohe Gagen zu fordern,
steht und fällt mit dem aktuellen Verhältnis von
Angebot und Nachfrage. Je mehr Anfragen ein
DJ bekommt, desto Höher ist natürlich auch der
Preis – ein völlig normaler wirtschaftlicher Vor-
gang. Viele Insider behaupten, wir sind am Zenit
der Gagen angekommen.
Ein kleines Rechenbeispiel: Fordert ein DJ eine
Gage von 18.000 Euro, kommen darauf noch
circa 2.700 Euro Provision für das Booking so-
wie rund 1.000 Euro für das Travelling und das
Hotel, natürlich nicht unter vier Sterne. Am Ende,
sollte man denn einen ausländischen Künstler bu-
chen, kommen noch einmal 15 Prozent an Aus-
ländersteuer, die Einkommenssteuer der Künstler,
hinzu. Im Handumdrehen entstehen Kosten von
knapp 25.000 Euro. Angenommen ein Club hat
eine Gäste-Kapazität von 500 Leuten, müsste
man einen Eintritt von 50 Euro verlangen, um ein-
zig und allein nur den DJ bezahlen zu können.
Doch auch die Belegschaft, die Gastronomie,
Strom und Wasser sowie die Security müssen am
Ende bezahlt werden. Doch wie oft ist ein Club
wirklich ausverkauft, selbst wenn es um den Auf-
tritt eines bekannten DJs geht? Der durchschnittli-
che Partygänger ist in den meisten Fällen nicht
bereit solch horrende Eintrittspreise zu zahlen.
„Weg vom Name-Drop-
ping, hin zu guter Musik“
Mike Hasemann, Veranstalter der Pioneer Alpha
in Schwerin, vertritt in dieser Diskussion eine
ganz klare Position. „Weg vom Name-Dropping,
hin zu guter Musik.“ Viele deutsche Veranstalter
sind nicht bereit solch hohe Gagen zu zahlen,
geschweige denn die finanzielle Verantwortung
zu tragen. In Deutschland kann man die Musik
bekannter Künstler zwar hören, sie jedoch recht
selten live erleben. Bucht ein Veranstalter einen
internationalen DJ, ist das Risko enorm. „Als Ver-
anstalter stellt man sich dabei einzig und allein
die Frage: Wie viel Gäste wird der DJ ziehen?
Ich selber habe den Fehler gemacht und habe
drei DJs für 65.000 Euro eingekauft. Absolut un-
wirtschaftlich, denn es sind nicht mehr Gäste ge-
kommen, um genau diese drei DJs zu sehen.“,
erzählt Mike Hasemann.
DAS ANGEBOT BESTIMMT
DIE NACHFRAGE –
AUCH IN DER MUSIKSZENE!
Mike Hasemann,
Veranstalter der Pioneer Alpha
DER WANDEL DER
HAMBURGER CLUBSZENE
Said Abou-Chabab,
Inhaber vom Blankenese Kiez Internat
night
life
REPORTAGE |
PISTE.DE
059
Das Halo hatte schon einige der bekanntesten DJ hinter den
Plattentellern, wie zum Beispiel Avicii, Hardwell, Alesso und
Afrojack, manche noch bevor diese in den DJ Olymp aufgestie-
gen sind. Wir fragten Christian Engel vom Halo, wie er mit den
enormen Gagenforderungen umgeht:
„Ganz schwerlich, es wird zunehmend zu einem Problem, ge-
rade für einen Booking Club,
wie es das Halo nun mal ist. Es
wird von Jahr zu Jahr schwerer,
den Standart den man sich auf-
gebaut hat, aufrecht zu erhal-
ten.“ Die Gründe hierfür liegen
für Christian klar auf der Hand,
es gibt eine Schieflage von An-
gebot und Nachfrage. Dazu
kommt: jedes Land hatte vor 10
Jahren seine eigenen Dance
Charts. Nun gibt es die Beatport
Charts, nach denen sich alle
richten. Wer dort auf Platz 1 ist,
ist auch global auf Platz 1, dem-
nach ist die Nachfrage global
zum gleichen Zeitpunkt auch
hoch oder niedrig.
Der zweite Grund hierfür ist, dass andere Territorien nun ihren
Fabel für elektronische Tanzmusik entdeckt haben, ganz vorne
dabei die USA. Doch auch bei uns ist eine Schieflage entstan-
den. In Deutschland regiert die extrem niedrige Eintrittspolitik.
Das Preisverhältnis ist auf dem Gleichgewicht gekommen.
„Meine Residents sind kein Tacken schlechter als die Großen.
Letztendlich spielen sie alle das Gleiche, sie gucken alle auf die
Beatport Charts und spielen mit kleinen Unterschieden, rein
vom Preis-Leistungs-Verhältnis.“
Christian Engel,
Inhaber vom Halo
Die Hamburger Clubszene befindet sich zurzeit in einem regen
Wandel. Said vom Blankenese Kiez Internat (kurz: BKI), den
wir in seinem Club auf der Großen Freiheit besuchten, erfreut
die Entwicklung des Internets, da sich so, dank Facebook und
Soundcloud, viel mehr Künstler aus der ganzen Welt beim BKI
bewerben. „Für viele dieser Künstler ist es ein Traum in Deutsch-
land aufzulegen.“ erläutert Said. Nach wie vor spielen regel-
mäßig große Namen im BKI, aber es geht ihnen dabei nicht um
das Geld, sondern viel mehr um die Musik. Auch die Hambur-
ger Szene hat sich für Said in den letzten Jahren verändert:
„Die Gäste wollen mehr Mainstream und Unterhaltung als Un-
derground. Doch wir als BKI bleiben unserer Underground Mu-
sik treu!“ Wichtig für Said ist, dass die DJs wegen der Musik
kommen und nicht auf Grund des Geldes. Nicht so gerne gese-
hen sind DJs die fünf Minuten vor dem Auftritt kommen und so-
fort danach wieder verschwinden. Musik und damit Kunst kennt
keine zeitlichen Einschränkungen.