Seite 39 - Piste HRO September 2012

Basic HTML-Version

Da standen wir nun. Termin eins
von unter Umständen 200 weiteren.
Wohnungsbesichtigung. Warum bin
ich hier? Es ist nicht mal der richtige Stadt-
teil, die Wohnung liegt im Erdgeschoss, direkt
vor den Fenstern stehen die Mülltonnen und die Hun-
descheiße auf dem Weg zur Haustür kann man nur im Sla-
lom und mit viel Glück umgehen. KTV halt. Aber SIE wollte unbedingt
„mal gucken“, auch wenn wir vorher wussten, dass dies definitiv
NICHT unsere gemeinsame Wohnung wird. Und so schieben wir uns
durch 45 qm, aufgeteilt auf 2 1/2 Zimmer.
Die zweite Besichtigung lief dann schon anders ab. Als wir das erste
Zimmer betraten und Sie still wurde, da wusste ich, es wird ernst. In Ge-
danken richtete Sie das Zimmer ein. Erstmal alleine, bis Sie dann doch
die ein oder andere Frage an mich richtet, ohne jedoch auf meine Ant-
wort zu hören. Dass der Schreibtisch niemals neben das Sideboard
passt, weil 45 cm fehlen wird genauso ignoriert wie die Tatsache, dass
der Schuhschrank im Leben nicht in den Flur in die Ecke passt. SIE hat
sich schon längst für die Wohnung entschieden, unsere kommenden
Wochenenden bei Ikea, Wikinger und Dänischem Bettenlager ver-
plant. Selbst das Geschirr ist in Gedanken schon eingeräumt. Und nun
liegt es an mir, den Makler zu überzeugen, dass wir die richtigen Mie-
ter sind und wir uns diese Wohnung tatsächlich leisten können, auch
wenn ich mich in Gedanken gerade Frage, woher die fehlenden 150
Euro jeden Monat kommen sollen. Von der Courtage ganz zu schwei-
gen - aber alles andere ist sinnlos, denn SIE hat entschieden, es ist un-
sere Wohnung, ob ich will, oder nicht.
[Tom Zerbe]
Endlich hatte ich IHN nun
soweit. Die Termine waren su-
per geplant und meine Taktik
schien schon bei der ersten Besichti-
gung prima auf zu gehen. An den An-
fang unseres kleinen Besichtigungsmarathons
stellte ich genau die Wohnungen, von denen ich so-
was von 100%ig wusste, dass ER sie nie und nimmer auch nur in Er-
wägung ziehen würde. Nicht das ich das anders sehen würde, aber
MEINE Traumwohnung war eigentlich 'nen Tick zu teuer und den
Wunsch vom Pkw-Stellplatz konnte sie auch nicht erfüllen, ganz zu
schweigen von der absolut gar nicht günstigen Maklerprovision. Aber
hey, dieser Wellnesstempel Namens Badezimmer ist und bleibt der ab-
solute Wahnsinn und der begehbare Kleiderschrank verpasste mir
beim gedanklichen Einräumen schon eine Gänsehaut ohne Gleichen.
Also nervte ich IHN erst mit Horrorwohnungen zu nicht mal wirklich
günstigen Preisen, um ihm dann das Zuckerstückchen zu präsentie-
ren... Er biss an und der Mietvertrag ist nun quasi schon unterschrie-
ben. Juchu! Und klar, unsere Möbel passen so natürlich nicht in UN-
SERE NEUE Wohnung, aber wer hat denn bitte auch davon
gesprochen das alte Zeug mit zu nehmen. Sein ausgesessenes Sofa
wird diese Türschwelle definitiv nicht überschreiten, das ist schonmal
klar! Hochmotiviert schleife ich ihn am besten gleich mal ins Möbel-
haus meines Vertrauens; und in das daneben; und dem anderen,
gleich um die Ecke; und in den Baumarkt müssten wir auch noch und
am besten nochmal in den Laden mit den echt tollen Dekosachen... Oh
ich habe da schon ein paar fantastische Ideen.
[Sabine Jancker]
SIE SAGT
ER SAGT
Männer und Frauen passen zusammen. Findet
zumindest die Redakteure Sabine Jancker & Tom
Zerbe. Jeden Monat widmen sich die Beiden klei-
nen Problemen aus dem Alltag. Diesen Monat:
WOHNUNGSMARATHON
PISTE.DE
039
life
style