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PISTE.DE
Wer an Kölsch-Rock denkt, denkt an Wolfgang
Niedecken. Seine Band BAP ist der Inbegriff rhei-
nischer Popkultur und feiert 40jähriges Jubiläum.
Passend dazu kam am 18. Januar sein neues Al-
bum „Lebenslänglich“ auf den Markt.
piste
traf ihn
zu einem sehr persönlichen Interview über seinen
Karrierebeginn, seine Frau und alte Zeiten.
piste:
Das Album wurde hier im Norden, genau-
er gesagt in Hamburg aufgenommen - warum?
Niedecken:
Nun, es bot sich an, denn zwei Mit-
glieder von BAP wohnen ja in Hamburg. Und wir
waren übrigens in den Studios von Otto Waalkes,
die hat er bereits in den 70er Jahren erworben.
Wir wollten für das Album den alten, ehrlichen
Live-Sound, den es kaum noch gibt. Produziert wur-
de das Album auch von zwei Hamburgern: Anne
de Wolf und Ulrich „Ulle“ Rohde.
piste:
Wenn die Musik von den beiden kam,
warst du also für die Texte zuständig, richtig?
Niedecken:
Genau, ich habe die Texte natürlich
alle geschrieben, bei dem einen Song allerdings
auch die Musik. Aber Anne und Ulle hatten so tolle
Demos, dass ich nicht unbedingt die Notwendig-
keit hatte, auch Musik zu entwicklen.
piste:
Wie schwer ist es, heute gute Qualität an
Musik zu produzieren?
Niedecken:
Leider sind die finanziellen Möglich-
keiten manchmal limitiert. Und für viele Musiker
grenzt eine Albumproduktion schon fast an eigene
Ausbeutung. Und ich habe ja auch, wenn man
so will, ein mittelständisches Rock´n´Roll Unterneh-
men, das ich betreibe. Meine Frau übernimmt hier
auch viele Aufgaben, insbesondere den Papier-
kram, denn ich bin überhaupt kein Zahlenmensch.
piste:
Mit deiner Frau bist du über 27 Jahre zu-
sammen. Widmest du ihr Lieder?
Niedecken:
Meine Frau ist mein Schutzengel.
Selbstverständlich habe ich ihr schon ganz viele
Lieder gewidmet. Sie ist auch diejenige, die mir
damals beim Schlaganfall sofort geholfen hat. Sie
ist mein Halt, ihr habe ich viel zu verdanken. Insge-
samt habe ich eine wunderbare Familie - und das
ist oft nicht einfach von sich als Musiker zu behaup-
ten, denn man hat ja kein stetiges Leben. Daher bin
ich umso glücklicher und dankbarer dafür.
INTERVIEW MIT WOLFGANG NIEDECKEN
„PAUL McCARTNEY
WAR MEIN
ABSOLUTES IDOL“
KULTUR
| INTERVIEW
piste:
Wolltest du schon immer Musiker werden?
Niedecken:
Anfangs habe ich in einer Schüler-
band gespielt. Mein absolutes Idol war Paul Mc-
Cartney. Als der Sänger ausfiel, habe ich einfach
gesungen - das war 1966. Davon gibt es sogar
noch einen Zeitungsausschnitt. Dann habe ich je-
doch angefangen, Kunst zu studieren.
piste:
Wie war der Weg von der Malerei zur
Musik und zu BAP? Denn BAP wird ja 40!
Niedecken:
Nach meinem Kunststudium haben
wir angefangen, Musik zu covern. Irgendwann
hatte ich mein erstes Lied auf Kölsch geschrieben
und alle sagten: das ist super, mach da mehr von.
Und plötzlich hatten wir Anfragen aus Hannover.
Bei unserem kleinen Plattenlabel konnten wir nicht
bleiben, wechselten zur EMI und auf einmal ver-
kauften wir 100.000 Platten - eine für uns absurde
Zahl! So viele Nullen kannten wir gar nicht. Das
Album hat sich übrigens eine Million Mal verkauft.
Bei dem Erfolg hatten wir jedoch immer noch einen
Tunnelblick und waren komplett naiv.
piste:
Gibt es jetzt im Alter einen Weg zurück
zur Malerei, um es ruhiger anzugehen?
Das kann ich mir nicht vorstellen. Dazu müsste ich
auch ein Jahr komplett Musikabstinenz üben. Das
ist schwer, dann verliert man den Kontakt.
piste:
Normalerweise heißen die Alben immer
wie ein Titel auf der CD. Warum gibt es auf dem
neuen Album „Lebenslänglich“ keinen Titel, der
so heißt wie das Album?
Niedecken:
„Lebenslänglich“ kommt in einer Text-
zeile vor. Und zwar in dem Lied „Unendlichkeit“.
Das Interview mit Wolfgang Niedecken führte
Nussin Armbrust für die
piste
.
Die vollständige Version des Interviews findet ihr
auf
Fotos: ppe, KundK Veranstaltungen, Maire Müller-Andrae, Tina Niedecken