Seite 10 - Piste HL Mai 2013

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WENN DER HAUPT-JOB NICHT MEHR REICHT
5.640 „
MULTI-JOBBER“ IN LÜBECK
Immer mehr Menschen in Lübeck brauchen einen Zweit-Job: Mehr
als 5.640 Berufstätige waren im vergangenen Jahr auf einen Mini-
Job als zusätzliche Einnahmequelle angewiesen. Das geht aus ei-
ner Untersuchung hervor, die das Pestel-Institut in Hannover im
Auftrag der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und der
Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) gemacht hat.
Demnach ist die Zahl der derjenigen, die neben ihrer
Hauptbeschäftigung noch einen Mini-Job als Neben-
job haben, in den vergangenen Jahren in Lübeck dras-
tisch gestiegen: „Blickt man zehn Jahre zurück, so hat
es eine Zunahme von rund 87 Prozent gegeben“, so
Studienleiter Matthias Günther vom Pestel-Institut. Im
vergangenen Jahr mussten mehr als sieben Prozent der Beschäf-
tigten in Lübeck sich mit einem 400-Euro-Job nebenbei etwas da-
zuverdienen.
Wir haben das Phänomen der Multi-Jobber. Das sind Menschen,
die mit dem Geld, das sie in ihrem Hauptjob verdienen, nicht mehr
auskommen. Deshalb müssen sie auf einen oder mehrere Neben-
jobs ausweichen, um überhaupt noch über die Runden zu kom-
men. Aus der puren Lust an einer 55- oder 60-Stunden-Woche
macht das jedenfalls keiner“, sagt der Geschäftsführer des ver.di-
Bezirks Lübeck-Ostholstein, Jörg Wilczek.
Er macht für das „Multi-Jobben“ vor allem Niedriglöhne verant-
wortlich. „Auf der einen Seite werden Stundenlöhne bezahlt, die im
Keller sind. Auf der anderen Seite steigen die Lebenshaltungs-
kosten. Das beste Beispiel ist das Wohnen. Hier dreht sich – nicht
zuletzt wegen der Heiz- und Nebenkosten – die Preisspirale unauf-
hörlich nach oben. Da sind Niedrigverdiener gezwungen, nach Fei-
erabend und an den Wochenenden noch einmal zur Zweit-Arbeit
zu gehen“, so Wilczek. Hier wird deutlich, dass selbst ein Mindest-
lohn von 8,50 Euro am Ende gerade einmal für ein Leben reiche,
das „haarscharf über dem Hartz-IV-Niveau“ liege. Die generelle
Lohnuntergrenze von 8,50 Euro pro Stunde könne daher nur ein
Einstieg sein. „Alles darunter bedeutet erhebliche Abstriche beim
Lebensstandard. Und vor allem auch ‚Ebbe bei der Rente’ – Alters-
armut ist so programmiert“, so Himmelmann. Auch ein
8,50-
Euro-Mindestlohn müsse daher rasch in weiteren
Schritten angehoben werden.
Beim Mindestlohn gilt: „Einer für alle“! Schreibt auch
ihr mit an einer „Deutschland-Billiglohn-Landkarte“!
Unter
könnt ihr selbst re-
cherchieren, ob ihr zu einem Dumpinglohn arbeitet und dies auch
gleichzeitig melden. Leider schwächt die rapide Zunahme der
Niedriglöhne auch den Konsum, denn die Deutschen können sich
immer weniger leisten und werden zwangsläufig preisbewusster.
Die Kaufkraft sinkt, was sicherlich ein entscheidender Grund dafür
ist, dass der Einzelhandel mit fallenden Umsätzen zu kämpfen hat.
Das Einkaufen im Internet stellt den Einzelhandel vor Ort vor eine
völlig neue Herausforderung – auch in unserer Region. Aufgrund
der starken preislichen Unterschiede und dem Wunsch vieler Kun-
den, möglichst viel beim Einkauf sparen zu wollen, wird es für den
Einzelhandel zunehmend schwieriger. Schlussendlich werden die
einfachen Vergleichsmöglichkeiten in Verbindung mit dem hohen
Konkurrenzdruck und schnell wechselnden Tiefpreisangeboten für
schwere Zeiten des Einzelhandels verantwortlich gemacht. Auch
Lübecker Einzelhändler, Gastronomen und Clubs sind betroffen,
denn auch unsere Innenstadt droht mehr und mehr zu veröden,
trotz umfangreicher Modernisierungen.
Für die Arbeit nach Feierabend: Immer mehr Menschen suchen einen Zweit- oder Dritt-Job, um über die Runden zu
kommen. Die Zahl der „Multi-Jobber“ hat in den vergangenen Jahren drastisch zugenommen. Der Grund: Viele Men-
schen werden im Hauptjob mit einem Niedriglohn abgespeist. Die Gewerkschaften ver.di und NGG fordern daher ei-
nen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde noch vor der Bundestagswahl.