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PISTE.DE
MOTOR
SPECIAL
I
2013
Es ist dieses Geräusch. Menschen, die mit dem
VW Käfer groß geworden sind horchen auf,
wenn sie es heute hören. Das tiefe Bullern, über-
lagert vom beruhigenden Gebläserauschen des
luftgekühlten Motors ist tatsächlich unverwechsel-
bar: In der Erinnerung der Deutschen ist es die
Begleitmusik für die Jahre nach dem Krieg, die
Zeit des Wirtschaftswunders und für wachsen-
den Wohlstand.
Der im Heck eingebaute, 22,5 PS starke Vierzy-
linder-Boxermotor war nur eines von vielen ty-
pischen Merkmalen des Volkswagens, wie er
1938
im Werk Wolfsburg zum ersten Mal vom
Band lief. Vier Jahre lang hatte der Konstrukteur
Ferdinand Porsche zuvor an diesem kostengün-
stigen Modell für die Motorisierung der Massen
entwickelt und dazu auch zahlreiche Automo-
bil-Ingenieure aus Amerika nach Deutschland
geholt.
Auch den Namen „Käfer“ für die ebenso ty-
pische geschwungene Silhouette haben die
Amerikaner geprägt, 1938 soll er in der New
York Times erstmals so benannt worden sein. In
Deutschland wurde er dagegen noch bis Ende
der 1960er Jahre hinein mit einer nüchternen
Zahlenkombination bezeichnet, ehe auch hier
der Name offiziell wurde. Da war er längst ein
millionenfach verkauftes Auto mit Kultstatus.
Diese Erfolge feierte der Käfer nicht nur in
Deutschland, jahrzehntelang war er auch der
beliebteste Importwagen in den USA. Diese
weltweite Beliebtheit trug dazu bei, dass der
Käfer bis 2003 über 21 Millionen Mal vom
Band lief und längst das meistgebaute Auto der
Welt war.
Technisch wurde der Käfer in der über 60 Jahre
währenden Laufzeit des Modells wenig geän-
dert. Allein das ist eine Sensation. Der Kult um
ihn täuschte darüber hinweg, dass er technisch
längst veraltet war, dass er einen unbequemen
Einstieg und ein denkbar knappes Platzangebot
hatte und die von der Heizung angesaugte Luft
allzugern üble Motorgerüche in den Innnenraum
transportierte.
Mögen den Käfer die Forderungen und Fort-
schritte der Neuzeit überholt haben: Millionen
von Menschen haben ihr erstes Auto mit dem
Wolfsburger Emblem am Lenkrad erworben. Der
heutigen Fahrergeneration ist er noch vertraut
wie ein Freund, während sie den Fortschritt der
neuen Ära genießt.
Alle Käfertreffen in diesem Jahr auf
Der Name Käfer…
Ist
keine Erfindung der
Deutschen
.
Die New York
Times verwendete 1938
erstmals das Wort „Beetle“
für den Volkswagen.
1934:
beauftragt der „Reichsver-
band der Deutschen Automobilindu-
strie“ den Konstrukteur Ferdinand
Porsche mit der Konstruktion eines
Volksautos“
1938:
feiert der Typ 38 seine Welt-
premiere als Serienmodell mit Brezel-
fenster, Trittbrettern sowie luftgekühl-
tem Vierzylinder-Boxermotor mit 986
ccm Hubraum und 24 PS Leistung.
1940:
Statt Serienproduktion läuft
kriegsbedingt die Montage von
Kübelwagen an
1945:
Im Dezember läuft die Serien-
produktion des Käfers an, 55 Fahr-
zeuge werden montiert
1953:
Am 10. März werden die
Brezelfenster durch größere Ovalfen-
ster ersetzt. Am 3. Juli läuft der 500
000
ste Volkswagen vom Band. Zu
diesem Zeitpunkt werden die Fahr-
zeuge bereits in 86 Länder expor-
tiert
1965:
Neuer Basistyp 1200 A mit
34
PS Leistung. Das bisherige Ex-
portmodell mutiert zum VW 1300
mit 40-PS-Motor
1967:
Der 10.000.000 Käfer wird
produziert
1968:
Der Volkswagen wird in der
konzerneigenen Werbung erstmals
Käfer genannt
1973:
Volkswagen bietet mehrere
Sondermodelle an, darunter
Jeans-Käfer, Big-Käfer, „gelbschwar-
zer Renner“, City-Käfer
1978:
Am 19. Januar läuft der letzte
in Deutschland gebaute Käfer im
Werk Emden vom Band. Insgesamt
wurden 16.255.500 Käfer in
Deutschland gebaut
2002:
Am 25. Juni überholt die
Produktionszahl des Golf mit 21
517 415
Exemplaren die des Käfers
und übernimmt den Titel des meistge-
bauten VW-Modells
2003:
im mexikanischen Puebla
läuft der letzte Käfer vom Band
Das Auto entsprang einer Idee aus den Jahren des Nationalsozialismus,
nach dem Krieg wurde es zum
Sympathieträger des neuen Deutsch-
lands
und irgendwann wurde der VW Käfer das meistgebaute Auto der
Welt. Vor 75 Jahren lief der erste Volkswagen vom Band.