Piste November 2013 - page 38

038
PISTE.DE
piste:
In Deiner Single
„Lieder“ zitierst Du Titel,
die Dich beeinflusst
haben. Mit welchem Song
hat für Dich alles begon-
nen?
Adel:
Das war Michael Jack-
son. Ich muss fünf Jahre alt
gewesen sein, da hat mir mein
Vater das Thriller-Video
gezeigt. Das hat mich umge-
hauen. Diese Mischung von
Angst, Faszination und dann
dieses Tanzen und diese
unfassbare Musik. Da habe ich
nur gedacht: Wow, das will
ich auch machen.
piste:
30 Jahren später
nun Dein erstes Album.
Wie stark ist der Druck,
wenn man sich nach
sechs Jahren mit Ich+Ich
allein aufmacht?
Adel:
Wir haben ja bei
Ich+Ich auch immer Druck
gehabt. Ich habe das immer
als Vorteil gesehen. Schwierig
war für mich der Entstehungs-
prozess des Albums, die Ent-
scheidungen zu fällen, die Ver-
antwortung allein zu tragen.
Wenn man zu zweit oder zu
fünft Musik macht, gibt es
immer Songs, wo du dich auch
mal zurück ziehst, um Kraft zu
sammeln. Wenn du alleine ein
Album machst, schauen alle
auf dich: Und? Was sagst Du,
Adel? So oder so?
piste:
Warst Du besorgt,
dass „Lieder“ zu sehr
nach Ich+Ich klingt?
Adel:
Es ist ja nicht so, dass
Ich+Ich nur ein Projekt war,
dass ich gemacht habe und
von dem ich mich jetzt bewusst
abgrenzen wollte. Für mich ist
es eine klare Weiterentwicklung
davon. Ich bin ja ein Ich, und
Live bin ich ohnehin alleine mit
meiner Band aufgetreten, die
Besetzung ändert sich ja nicht.
Als es um das Album ging, gab
es Leute, die meinten: Mach's
ganz anders als Ich+Ich. Ande-
re haben gesagt: Mach's ge-
nauso wie Ich+Ich. Ich habe
darüber gar nicht nachge-
dacht. Ich mache das, was ich
machen möchte und was mir
gefällt. Musikalisch wollte ich
natürlich schon die Dinge auch
beatlastiger machen und mehr
nach vorne.
piste:
Die meisten Songs
würde man wohl als Lie-
beslieder bezeichnen. Ist
das das Konzept?
Adel:
Nein. Es sollte einfach
ein persönliches Album wer-
den. Wenn es ein Konzept gibt,
dann bin das Ich. Es stimmt
schon, dass die Liebe eine
große Rolle spielt, aber ich
wollte eben nicht so kitschige
„Ich hab dich gesehen und ab
da war alles geil“-Liebeslieder
machen. Denn so ist es ja nicht.
piste:
War dir bewusst,
was Du mit der Single
„Lieder“ anrichten wür-
dest?
Adel:
(lacht) Ein bisschen
schon. Ich wusste, dass es
Leute geben wird, die sagen:
Wie kann man denn Rage
Against the Machine und Bros
in einen Song packen? Aber
ich musste ehrlich sein und ich
musste da auch durch. Das
sind nun mal die Lieder, die
mich emotional begleitet
haben.
piste:
Zum Beispiel?
Adel:
Zu „Purple Rain“ habe
ich das erste Mal auf einer Fete
im Keller mit einem Mädel
Blues getanzt und sie im Dun-
keln ganz nah bei mir gehabt.
Wir haben ewig getanzt, weil
die Nummer ja auch so ewig
lang ist. Das war so geil, so
schön, ein inneres Feuerwerk.
Auf jeden Fall machen
sich die Leute Gedanken
darüber, um welche
Songs es geht. Im Netz
finden sich viele Interpre-
tationen.
Adel:
Die sind aber nicht alle
richtig!
piste:
Nein?
Adel:
Ich sage an einer Stelle:
Wir waren Welten entfernt und
doch vom gleichen Stern. Für
mich war das gar kein Zitat, es
passte nur so gut und hat sich
auch noch super gereimt. Jetzt
steht da irgendwo auf einmal
Worlds Apart!
piste:
Wenn in 20 Jahren
jemand „Lieder“ hört,
welche Erinnerung könn-
te er oder sie damit ver-
binden, die Dir gefällt?
Adel:
Zu wissen, dass jemand
die Liebe seines Lebens bei
einem Konzert kennengelernt
hat, das fände ich schon den
Hammer.
Das ganze Interview über Ruhm,
Retorte und Restaurant-Kinder
gibt es auf
piste.de
.
facebook.com/AdelTawil
Credit: Olaf Heine
kult
ur
|
INTERVIEW
ADEL TAWIL
NUR ICH
Mit fünf Jahren hat Adel Tawil sich in die Musik ver-
liebt. Ein paar wilde Jahre mit der Boyband The Boyz
und ein paar erfolgreiche Jahre zu-sammen mit Anet-
te Humpe als Ich+Ich später bringt er nun mit „Lieder“
sein erstes eigenes Album raus. Mit der Piste sprach
der 35-Jährige über seine Liebe zur Musik und Klam-
merblues im dunklen Keller.
1...,28,29,30,31,32,33,34,35,36,37 39,40,41,42,43,44,45,46,47,48,...84
Powered by FlippingBook